In unserer Organisation sind traditionell Kleingarten- und Siedlervereine unter einem Dach zusammengefasst. So auch in unserem Bezirksverband. Während sich die Kleingartenvereine mit der Betreuung und Verwaltung der Kleingartenanlagen befassen, sehen die Siedlervereine die Betreuung der in den 30- bis 50-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entstandenen Siedlungen als ihr Betätigungsfeld. Viele heutige Kleingartenanlagen sind in unserem Bezirksverband aus Siedlervereinen heraus entstanden.
Die Mitgliederzahl der Kleingartenvereine bleibt seit vielen Jahren relativ stabil. Selten kommen neue Flächen hinzu. Sie orientiert sich wesentlich an der Anzahl der in diesen Vereinen verpachtbaren Parzellen. Über die Jahre hinweg ist jedoch bei der Mitgliederzahl der Siedlervereine bundesweit ein Rückgang zu beobachten. Davon sind auch Vereine in unserem Bezirksverband betroffen. Dies kann vielerlei Gründe haben. Wenn man diese aufspüren will, muß man sich die Gründe der seinerzeitigen Zusammenschlüsse bewußt machen.
Die Rahmenbedingungen beim Bau der Siedlungen waren recht entbehrungsreich. Auf das gemeinsame Ziel hin – der Schaffung einer Heimat für die Familie – halfen sich die Bauherren gegenseitig und zogen oft zusammen in Eigenleistung die Häuser auf den zugeteilten preiswerten Grundstücken hoch. Dies schweißte auch noch in der Zeit danach zusammen. Man nutzte über Sammelbestellungen die günstigen Preise beim Bezug von Heizmaterial und Sämereien. Durch Unterweisung im ertragreichen Gartenbau und der erfolgreichen Kleintierhaltung wollte man die Versorgung der Familie zusätzlich stabilisieren und die Haushaltkasse schonen.
Daneben war die Pflege gutnachbarlicher Beziehungen ein zusätzliches Ziel. Man half sich gegenseitig und beugte damit auch der Vereinsamung im Alter vor. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass damit in funktionierenden Siedlungen ein unsichtbares soziales Netz der Fürsorge füreinander gespannt wurde. Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg und der damit verbundenen Vertreibung vieler Menschen aus den ehemals deutschen Ostgebieten war eine bisher letzte Hochphase der Siedlungsbewegung.
Heute nun geht es vielen Familien materiell wesentlich besser als früher. Man kann heute nahezu alles mit Geld kaufen und viele haben ihr geregelten Auskommen. Oft ist jedoch dabei die Herzlichkeit und Mitmenschlichkeit auf der Strecke geblieben. Viele denken nur an sich. Man kümmert sich wenig darum, wie es den Nachbarn geht. Und häufig – wenn überhaupt – glaubt man, sein vielleicht schlechtes Gewissen mit Spenden für soziale Einrichtungen beruhigen zu können.
Doch nun wieder zurück zu den Siedlervereinen. Wo diese auch heute noch ein reges Vereinsleben entfalten, sind sie aus dem Ort oder Stadtteil nicht wegzudenken. Sie bilden die hilfreiche Klammer über viele Aktivitäten, ergänzen sinnvoll andere Angebote der Sport- und Kulturvereine, bringen die Menschen zusammen und lassen sie Gemeinsamkeit erleben. Sie sind auch Ansprechpartner der Kommunen, wenn es um Gestaltungsfragen im Stadtteil geht. Dabei müssen sie sich hinsichtlich ihrer Arbeitsinhalte stets wieder neu erfinden, attraktive Themen aufspüren und anbieten. Hier ist die Kreativität der Mitglieder gefordert. Jedes von ihnen ist aufgefordert, seine Ideen einzubringen und sich zu engagieren. Wo ein solches Klima besteht, muß man um den Bestand und erfolgreiche Arbeit eines Siedlervereins nicht bange sein.