Agrarwende nötig

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Zu den Demonstrationen und Protesten in der Landwirtschaft

Seit Monaten und auch jetzt wieder blockiert Deutschlands Agrarlobby mit ihren durch Agrarsubventionen finanzierte Schleppern die Straßen. Auf den Feldern haben die Landwirte grüne Kreuze aufgestellt, die an das Bauernsterben erinnern sollen. Die Ängste der kleinen Landwirte vor einem politisch gewollten Bauernsterben sind mehr als berechtigt. Die Landwirtschaftspolitik vor allem unter CDU und CSU hat dazu geführt, dass zwischen 1975 und 2014 von rund 900 000 landwirtschaftlichen Betrieben rund 600 000 wegrationalisiert wurden. Die kleineren Familienbetriebe sind verschwunden und mit ihnen auch die Artenvielfalt. Übrig bleiben langfristig nur riesige Agrarfabriken, die für den Weltmarkt produzieren und das, obwohl die genannten Parteien über Jahrzehnte hinweg den bäuerlichen Familienbetrieb propagiert haben. Die Lobby der Bauernverbände in Brüssel und Berlin hat bisher einen Richtungswechsel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft verhindert. Die Solidargemeinschaft finanziert eine Landwirtschaft, welche unsere Lebensgrundlagen zerstört.

Durch die Kampagnen der Agrolobby soll der Bevölkerung weiss gemacht werden, dass Umweltauflagen die Ursachen für das Bauernsterben sind. Die eigentlichen Ursachen werden verschwiegen.

Um die Wutbauern zu besänftigen, hat ihnen die Bundesregierung jetzt 1 Milliarde Euro hinterhergeworfen. Schon bisher standen 40 Prozent der Zuwendungen für die EU-Landwirte aus Steuermitteln. Wenn Dürren, Hagelschäden oder Überschwemmungen auftreten, was in Zeiten des Klimawandels immer häufiger der Fall ist, hält die Agrarlobby gerne die Hand auf und die Solidargemeinschaft springt großzügig ein.  Immer häufiger kommt die Forderung, dass eine Branche, die nahezu 50 Prozent aus Steuergeldern finanziert wird, auch die Verpflichtung habe, das Gemeinwohl zu schützen. Umweltzerstörung mit staatlicher Unterstützung – das geht gar nicht – Schluss damit!

Eine Agrarwende hin zu einer grundwasserfreundlichen, naturnäheren, insektenverträglichen, nachhaltigen, bäuerlichen und somit auch modernen und zukunftsorientierten Landwirtschaft ist höchst überfällig. Dazu braucht es nicht nur ein Agrarpaket, sondern eine neue Agrar- und Subventionspolitik. Und die Landwirtschaft braucht endlich auch gute Preise für gute, umweltschonend erzeugte Produkte. Ein Weitermachen wie bisher zerstört nicht nur die Artenvielfalt. Es bringt das politisch gewollte kurz- und mittelfristige Ende aller kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe.

Die Umwelt- und Verbraucherverbände oder die Verbände, die dem Tierwohl verpflichtet sind, sind die potentiellen Verbündeten der kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe und solcher, die umweltverträglich wirtschaften wollen. Sie haben eine europaweite Kampagne gestartet: Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Save Bees and Farmers – Bienen und Bauern retten“.

Conrad Fink
Vorstandsvorsitzender BUND Stadtverband Freiberg am Neckar
Leserbrief in der Ausgabe LKZ vom 14./15.März 2020
(Abdruck mit dessen freundlicher Genehmigung)